Die Audienz der Juliane Nautscher beim Kaiser in Wien

 

Heute wissen nur noch die wenigsten dass die k.u.k. Donaumonarchie, mit ihren 55 Millionen Einwohnern, es eine starke Marine gab! Die k. u. k. Kriegsmarine galt vor dem 1. Weltkrieg als die sechstgrößte Kriegsmarine der Welt. Die wichtigsten Seehäfen waren die Städte Triest und Pola in der nördlichen Adria auf der Halbinsel Istrien. Seit 1382 gehörte Triest zur Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn. Die Republik Venedig endete 1797, danach gehörte es zu Österreich und die Lagunenstadt wurde zum Hauptkriegshafen des Habsburgerreiches. Kaiser Franz Joseph I baute Pola ab 1856  zum größten Österreich. Kriegshafen aus. Aus dem kleinen Dorf mit 800 Einwohnern wuchs durch die österr. Werften, Marinekasernen, Marineschulen bis 1910 auf fast 60.000 Einwohner. Pola wurde eine Festung ersten Ranges.  Dass hier eine große Zahl von Soldaten mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieg stationiert werden mussten liegt auf der Hand.

So wurde auch der Leipertitzer bereits 46 Jahre alte Reservist  Leopold Nautscher wieder Soldat und in den Kriegshafen an der Adria abkommandiert.

Leopold Nautscher hatte 1892 in Leipertitz Juliane, geb. Spandl geheiratet. Das junge Paar wohnte nach ihrer Trauung im Haus Nr. 105, im Großen Dorf, im Haus von Julianes Eltern, die als Ganzlähner einen großen Hof führten. Dem Paar wurden 13 Kinder geschenkt und für alle war es ein großer Schock als der Vater zum Militär wieder eingezogen wurde und 9 minderjährige Kinder ohne Vater waren. Die Mutter hatte einen schweren Stand gemeinsam mit den Großeltern die Familie durchzubringen. Der Sohn Leopold mußte 19 jährig zur Armee, mit 20 ist er in Gallizien 1915 gefallen. Nur Regina, die älteste Tochter konnte die Mutter bei der alltäglichen Arbeit in Haus und Feld bereits unterstützen, ihr ältester Bruder Josef war ebenfalls beim Militär und war in Wien-Mödling beim k.u. k. Infanterieregiment Nr. 2

Auch im Dorf war der Unmut groß dass ein 13facher Familienvater und einziger Ernährer noch zum Militär musste.

Juliane, die um das Leben ihres Mannes bangte und die Zukunftsangst um ihre Kinder fasste sich ein Herz, ging nach Frischau zum Bahnhof, fuhr nach Wien und erwirkte tatsächlich eine Audienz beim Kaiser Franz Joseph I. Entgegen aller schwierigen Hürden, die es für solche Begehren zu umschiffen gilt, kam es zu einem Gespräch mit dem 86 jährigen Kaiser. Er hörte sich die Argumente an, hatte Verständnis für das Anliegen von Juliane aus Leipertitz und entschied die Entlassung ihres Mannes aus der Armee. Für diese mutige Tat zum Wohle der Familie zollte man ihr überall Respekt und Bewunderung. Ob die Tatsache, dass der Kaiser unser Leipertitz kannte, weil hier zu seiner Zeit, ein großer Artillerietruppenübungsplatz war, wird immer nur eine Vermutung bleiben

Die beiden sahen ihre Kinder zu gestandenen erfolgreichen Menschen heranreifen, die Vertreibung verschlug sie nach Wien, Leopold verstarb 1947, Juliane wurde 89 Jahre alt. In der großen Nachkommenschar bleibt ihre Tat unvergessen.