Die alte Schmiede aus dem Haus Nr. 78

 

 

 

Nichts benötigten die Bauern in alter Zeit mehr als die Dienste einer Schmiede. Ein Vielzahl von Geräten für den Ackerbau, über Pflüge,  Wagenräder, Sensen bis zum Hufeisen, alles wurde in den Schmieden der Dörfer hergestellt und repariert. Schmied war ein begehrter Beruf und mit seinem handwerklichen Geschick hatte dieser Berufsstand ein hohes Ansehen. Sicherlich wurde zu Zeiten der Leibeigenschaft die größte Schmiede von Leipertitz im Gutshof der liechtensteinischen Herrschaft, der Standort war unterhalb des Teiches am Beginn der Häuserzeile des „ kleinen Dorfes“, betrieben. Später gab es  mehrere Schmieden im Dorf, eine der ältesten und wichtigsten wurde die im Haus Nr. 78.

 

Um 1850 hatte der Besitzer, Josef Türk, die Schmiede an den „Häusler und Schmiedemeister“  Josef Fellinger übergeben, doch starb dieser in der Nacht vom 1. auf dem 2.  Mai 1866 im Alter von 44 Jahren an einem bösartigen Wechselfieber. Das Leid der Ehefrau war wohl noch nicht groß genug, denn die von den Preußen eingeschleppte Cholera raffte auch noch die Tochter Barbara Fellinger im Alter von 6 Jahren als erstes Kind von einigen in Leipertitz, hin. Martin Seethaler war seinerzeit bereits als Schmiedemeister im Haus 78 beschäftigt, er übernahm die Schmiede und kurze Zeit später musste er ständig dort sein. Die Preußen waren im Land und die Hufe der Militärpferde mussten beschlagen werden und auch viel militärtechnisches Gerät wurde repariert.

 

 Die Schmiede ging danach auf Josef Seethaler über, in dessen Nachfolge trat der Sohn Johann Seethaler. Die Schmiede wurde vom alten Standort # 78 an die Gabelung Frischer/Dürnholzer Strasse verlegt (dahinter war dann später das Anwesen Fam. Schier # 330.)

 

Das „Aus“ für die Fellingerschmiede, wie sie immer noch genannt wurde, schien gekommen als Johann Seethaler, er wurde nur 42 Jahre alt, verstarb.    

 

Er hatte sich, als er von einer Reise aus Znaim vom Bahnhof Frischau kommend an einem regnerischen, windigen Herbsttag eine starke Erkältung zugezogen, weil ihm sein Hut, von einem Sturm, vom Kopf geblasen wurde. Er lief diesem über einige Zeit nach, aber dieser wurde immer weiter fortgeweht, so dass Johann Seethaler ohne Hut nach hause musste. Die Folge der Erkältung war eine ständige Genickstarre, die ihm bald darauf  den Tod brachte. 

 

Sein Sohn Johann Seethaler (* 1895, + 1985) hatte gerade erst die Lehrzeit als Schmied  beendet und war zu jung um diese zu leiten.  Den Fortbestand der Schmiede sicherte Josef Schier, er hatte bei Josef Seethaler das Handwerk erlernt, er war 1. Gehilfe und somit übernahm er auf Drängen vieler, die für den Bauernstand so wichtige Schmiede.

 

Ein kleines Relikt ist von der alten 78 er Schmiede übrig geblieben, es ist eine Hufzange, die der Schierschmied und dessen Ehefrau Johanna dem jungen Stefan Vogler (# 99). kurz vor der Vertreibung geschenkt hatte. Dieser hat die Zange bei der Vertreibung mit nach Deutschland genommen. Stefan Vogler übergab am Leipertitzer Kirtag 1998 in Daisbach dieses letzte Werkzeug aus der alten Fellingerschmiede an Hermann Schier (# 218) der mit seinem Jahrgang 1938 den 60. Geburtstag feierte. Heute wird in  Weinstadt dieses Erinnerungsstück an den Großvater,  dem Huf- und Wagenschmied aus der Frischauer Str. # 330, wie einen Augapfel hütet. 

 

So mancher Alt-Leipertitzer wird, wenn er nachts wach liegt und gedanklich durch das Dorf der Kindheit wandert,  den hellen Klang der Hämmer auf dem Amboss hören. In den Schmieden war immer Leben, ob Pferde ein neues Hufeisen bekamen, ob Schlosserarbeiten durchgeführt wurden, oder man zuschaute,  wenn Bründl Benedikt und sein Bruder Isidor, die geschickten Schmiedemeister, im Haus Nr. 220, direkt zwischen der Milchgenossenschaft und der Raiffeisenkassa, den eisernen Reifen auf das Holzrad des Leiterwagens zog, das der Schwager als Wagner gleich im Nachbarhaus anfertigte. So ging die Arbeit sinnvollerweise Hand in Hand.  Oder wenn nur das Feuer auf der Esse in Gang gehalten wurde und beaufsichtigt werden musste, Personen gab es immer in einer Schmiede.    

 

Dass Bedarf im Dorf war, sah man am Beispiel von Winkler Josef, der im Anwesen Nr. 382, einem Stockhaus, in Sichtweite des Feuerhauses neu begonnen hatte. Man erinnert sich an den aus Österreich stammenden Josef Ipsmiller, dessen Schmiede am Treskowitzer Weg im Hause seiner Frau Hedwig, geb. Vieh, stand und später die Poststelle wurde. Zusätzlich betrieb er auch noch eine Dreschgarnitur.  2 Häuser neben der Schule befand sich die

 

Ferd - (Kreisl) Schmiede, # 289, hier drangen die unverwechselbaren Töne der Ambossschläge etwas dumpfer auf die Strasse, man musste erst ein paar Stufen hinunter in den Keller zum Schmiedebereich gehen. Noch so mancher wird sich auch noch an den Fink-Schmied im großen Dorf # 103 erinnern, er beendete sein Handwerk in den 40 er Jahren.

 

Nur noch in blasser Erinnerung ist die alte, ehemalige Gemeindeschmiede, die im Haus Nr. 176 betrieben wurde.

 

Heute sind die Werkzeuge  und die Einrichtungen  in alle Winde verstreut, nichts erinnert mehr an die alte Handwerkskunst in Leipertitz.